Festliche Gedenkveranstaltung anlässlich des 113. Geburtstages des Philosophen, Musikers und Richters Ostad Elahi (1895-1974)
- Mag. Dr. W. Pelinka
Musikwissenschaftler - H. Steinhagen, MBA
Ehemaliger Präses der Ukrainischen Kirche in Wien - Dipl.-Ing. P. Vayer Januska
Obfrau von kleine herzen - DDr. M. Gerhold
Richter am Asylgerichtshof, Wien - Moderation: Dr. A. Mahmoodian
Kleiner Empfang
Der Abend des 10. September stand im Zeichen einer Gedenkveranstaltung zum 113. Geburtstag von Ostad Elahi (1895-1974), einem Philosophen, Richter und Musiker. Unter dem Titel „Ostad Elahi: Facetten eines außergewöhnlichen Lebens“ lud die Gesellschaft zu einem Podiumsgespräch in den Goldenen Saal des SAS-Hotels. Die Podiumsteilnehmer, allesamt anerkannte Kapazitäten in ihrem Fachgebiet, beleuchteten unterschiedliche Aspekte des Lebens und Werks von Ostad Elahi aus ihrer beruflichen und persönlichen Sicht:
Dipl.Ing. P. Vayer betont zu Beginn ihres Eröffnungsreferats, dass sie die Maximen Ostad Elahis als spirituelle Leitlinie in ihrem Leben einzusetzen versucht. Im Weiteren geht Vayer besonders auf die Bedeutung der Philosophie Elahis in Bezug auf die soziale Gesellschaft ein. Grundtenor ihrer bewegenden Worte war das Miteinander statt Nebeneinander und der Respekt vor den anderen. „Die Grundlage unseres Lebens im Diesseits ist, das Recht des anderen zu respektieren.“, zitiert sie Elahi bzw. auch in den Worten seines Sohnes Bahram Elahi „Die Goldene Regel; sich unter allen Umständen an die Stelle des anderen versetzen.“
Sie appelliert an die Zuhörer, anzufangen, bewusster zu werden, Respekt und Verständnis für den Nächsten zu zeigen und bewusst den Schritt auf andere hin zu machen.
Besonders der folgende Ausspruch Ostad Elahis hat die Vortragende sehr beeindruckt und in ihrer Tätigkeit beeinflusst: „Der Glaube an Gott kann nur wahr sein, wenn man sein Bestes tut, um der Gesellschaft zu dienen.“
Für Ostad Elahi gehört die Spiritualität zu einem Leben in der Gesellschaft; Spiritualität im Alltag heißt, sich jederzeit zu bemühen, im Umgang mit unseren Mitmenschen, in Arbeit oder Familie das Recht der anderen zu respektieren. Für andere wünschen, was man auch für sich selbst wünscht und dabei auch sein eigenes Recht zu verteidigen wissen, wenn es notwendig ist.
Dipl. Ing. Vayer hat auch einen praktisch anwendbaren Tipp für die Zuhörer bereit: Was tun, wenn man sich wieder einmal über seine Mitmenschen ärgere? Lächeln! Es kostet nichts und bewirkt viel, man sieht das Leben aus einer positiven Perspektive und man bekommt selbst ein glückliches Gefühl!
Zum Schluss zitiert Vayer ein Gedicht von Malak Jan, eine ihrer Ansicht nach sehr weise und spirituelle Frau, deren Leben von der Philosophie Ostad Elahis stark geprägt war:
„Niemals allein“
Freunde, niemals allein
Bleibt nicht allein
Sucht den Freund
Findet den Seelenverwandten
Und das vereinte Herz
Sucht den Herrn
Ein Gewicht zu heben
Allein, ist unmöglich
Vereint als mehrere
Alles wird möglich
Anschließend hält DDr. Gerhold die wichtigsten Eckdaten im Leben des Juristen Elahi fest: Im Alter von 35 Jahren Verwaltungsbeamter, später Beginn des Jusstudiums und mit 39 Jahren Richter. Die nächsten 23 Berufsjahre wechselte er einige Male seine Richterstellen und juristischen Aufgabengebiete, unter anderem hatte er mehrfach leitende Positionen wie Generalstaatsanwalt oder Gerichtspräsident. Für Ostad Elahi, so Gerhold weiter, war die Aufnahme einer Berufslaufbahn und des Richteramtes nach einer Kindheit und Jugend in Kontemplation und Askese eine Möglichkeit, die eigenen spirituellen Prinzipien in die Praxis umzusetzen.
Besonders interessant scheint für den Vortragenden der Aspekt, dass Elahi trotz der damaligen Gepflogenheiten versucht habe, Urteile zu fällen, die von Gerechtigkeit geleitet waren und nicht von Bestechung. Gerhold zitiert: „Als Richter tat ich Dinge, die niemand wagte; ich hätte es bevorzugt, entlassen zu werden, als ein ungerechtes Urteil zu fällen. Dies, weil ich nur gegenüber Gott rechenschaftspflichtig war und nicht gegenüber dem Ministerium und ich fürchtete mich vor niemandem.“
Gott habe Elahi schwierige Ämter und schwierige gerichtliche Verfahren übertragen, und dieser erkannte, dass „jede dieser Aufgaben unzählige Weisheiten enthielt, die tausende von Weisen und Philosophen zusammen nicht hätten erbringen können“, so Elahi selbst.
Seine zwölf Jahre der Andachtsübungen und der Askese hätten für Elahi nicht mehr Wert gehabt als ein Jahr inmitten der Gesellschaft.
Ostad Elahi begann jeden Arbeitstag mit einem Gebet: „Oh Gott, ich lege mich in Deine Hände. Weil du weißt, dass meine Intention einzig darauf ausgerichtet ist, Deinen Willen auszuführen, vergib mir, falls mir je ein Beurteilungsfehler unterläuft.“
Sein Anspruch auf die korrekte Ausübung des Richteramtes war sehr hoch; für ihn gehörte ständiges innerliches Bemühen, Gewissenhaftigkeit, Genauigkeit und Kompetenz dazu. Ein guter Richter müsse außerdem besondere Aufmerksamkeit den Armen und Schwachen schenken.
„Die Grundlage unseres Lebens in dieser Welt beruht auf einem Prinzip: die Rechte der anderen zu respektieren.“ Die Grundlagen einer solchen Gerechtigkeit können nur in der Metaphysik liegen, Elahi selbst sprach von Gott, denn jedes Wesen sei Kraft seiner Existenz mit Grundrechten ausgestattet, die von niemandem anderen ignoriert werden dürfen. Dr. Gerhold hält weiters fest, dass Elahis Forderung nach gewissenhafter Amtsausübung, das Streben nach Gerechtigkeit, die Achtung der Rechte eines jeden Individuums auch heute und überall auf der Welt gültig sind.
Für Heinrich Steinhagen, MBA, ist die Liebe die zentrale Aussage in Ostad Elahis sprituellen Betrachtungen und zieht sich wie ein roter Faden durch all seine Werke.
Steinhagen erörtete Platons Dreiteilung der Liebe: Agapé – die selbstlose und fördernde Liebe, Éros – die sinnlich-erotische Liebe und Philía – die „Objektliebe“, Vorliebe oder Zuneigung. Ostad Elahi erkannte schon in jungen Jahren, dass sein Sufismus nichts anderes als eine innere Beziehung zwischen dem „Liebenden“ (Menschen) und dem „Geliebten“ (Gott) bedeutet. Er war sich darüber im Klaren, dass allein die Liebe den Menschen zu Gott führt, betont Mag. Steinhagen.
Ein zweiter zentraler Begriff jeder monotheistischen Religion ist die Nächstenliebe. Die zwei Lebensprinzipien, Dienst an der Gesellschaft und Toleranz aller Menschen sind die Grundpfeiler fast aller Religionen, nämlich „rechtschaffen zu sein während man in der Gesellschaft lebt, und vor allem durch die Teilnahme am sozialen Leben“, versteht Steinhagen Ostad Elahi.
Ostad Elahi sagte zum Thema der Toleranz und Gleichberechtigung aller Menschen: „Auf dem Weg der Wahrheit sind alle Religionen eins, Rasse und Hautfarbe sind bedeutungslos und es gibt keinen Unterschied zwischen Mann und Frau.“
Ein dritter bedeutender Begriff in den meisten Religionen ist die Selbstliebe. Selbstliebe wird in der Regel als die Voraussetzung zur Fähigkeit zum Lieben und zur Nächstenliebe angesehen. Gemäss Elahi „sieht jeder die Welt durch das Prisma seines eigenen Herzens; was wir sehen, ist die Reflektion der Außenwelt in unserem Herzen.“ Das heißt, wir können uns selbst nur durch die Konflikte und Herausforderungen des Lebens in dieser Welt in unserem Herzen erkennen. Durch diese Selbsterkenntnis erkennen wir die Liebe, die Wahrheit und somit Gott, denn Gott ist die Wahrheit und die Liebe.
Dr. Pelinka spricht im letzten Referat zunächst von der Inspiration als Grundlage des Spiels von Ostad Elahi, als ein von „Geist“ (lat. Spiritus) erfülltes Musizieren, also jenes Einwirken des Göttlichen in das künstlerische Tun, welches dann auch zu mystischer Verzückung, zur Ekstase führen kann, wie in vielen seiner aufgenommenen Stücke. Pelinka erzählt, dass die Musik von Elahi für ihn persönlich zunächst nicht seiner Sprache entsprach, und etwas Fremdes war. Doch dieses Fremdartige hätte ihn immer mehr fasziniert, da er im Spiel von Ostad Elahi eine Freude am Musizieren und eine Begeisterung gespürt und gehört habe; einerseits eine kindliche Freude am Tun, andererseits aber auch einen Ernst, wie bei einem Kampf um Leben oder Tod. Dies sei vielen großen Musikern zueigen. Dieses Spiel von Ostad Elahi hat als Voraussetzung sein technisches und theoretisches Können; er hatte bereits als Kind begonnen zu spielen und übernahm von seinem Vater eine Musiktradition, die er dann in individueller Weise überhöht hat.
Dr. Pelinka schildert, wie berührt er war, als er auf einer Aufnahme des bereits über siebzigjährigen Elahi dessen Stimme hörte, als dieser so begeistert rief, was er zuerst am Instrument gespielt hatte.
Pelinka erörtert weiters die Zusammenhänge zwischen der Musik als Sprache der Seele und der musiktherapeutischen Anwendung; Musik als Medizin für die Seele. Dies wird unter anderem im musiktherapeutischen Programm „Music for the Mind“ verwendet, das mit Ostad Elahis Musik arbeitet, welche verschiedene therapeutische Elemente beinhaltet.
Zum Schluss verweist Dr. Pelinka auf den metaphysischen Aspekt, der seiner Meinung nach alles umfasst: das Göttliche, die Liebe, welche sowohl das Spiel von Elahi kennzeichnet, wie auch das musiktherapeutische Heilen, das nur durch Liebe geschieht, das heißt durch Gott geschieht. Die Heilung als solche sei ein Geschenk. Dieses „Hinhören“ auf Gott beim Komponieren führt zu einer Verbindung mit Gott; der Komponist wird zum „Werkzeug“ des Schöpfers. Wie Ostad Elahi sagte: „Wenn man in spiritueller Intention musiziert, ist die Musik das Medium, das uns mit der Quelle verbindet.“
Dr. Pelinka schließt mit den Worten: „Wenn uns Ostad Elahi durch die Musik Liebe gibt, dann nimmt seine Liebe zu, obwohl er sie uns gibt.“