Trotz der Abschaffung der Sklaverei im 19. Jahrhundert existiert Frauenhandel auch heute noch als eine der extremsten Formen der Ausbeutung und der Verletzung fundamentaler Menschenrechte. Menschenhandel verletzt die Würde des Menschen, untergräbt die demokratischen Prinzipien funktionierender Staatswesen und die Entwicklungschancen aller anderen.
Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) werden jährlich 2,4 Millionen Menschen zu Opfern des Menschenhandels. Kriminelle Netzwerke erzielen mit der „Ware Mensch“ Erträge von 32 Milliarden Dollar pro Jahr. Damit dürften die Gewinne höher – die Risiken aber deutlich geringer sein – als bei anderen Formen der organisierten Kriminalität, wie Drogen- oder illegaler Waffenhandel.
Menschenhandel ist oft die Folge humanitärer und ökologischer Katastrophen, manchmal auch des Scheiterns ganzer Staaten. In Europa hat der Zusammenbruch des Staatssozialismus Millionen von Menschen durch das – bis dahin doch zumindest in bescheidenem Maß vorhandene – soziale Netz fallen lassen. Die Entgrenzung der Wirtschaft, neoliberale Tendenzen, die Wirtschaftskrise, die Nachfrage nach billigen Arbeitskräften und die weit verbreitete Korruption tun oft ein Übriges. Hinzu kommt, dass der Schengenraum immer weniger Möglichkeiten einer legalen Arbeitsmigration bietet. Schlepperorganisationen haben Hochkonjunktur.
Es gibt eine erschütternd breite Palette von Erscheinungsformen des Menschenhandels: Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft, sexuelle Ausbeutung, Kinderhandel, Organhandel, etc.
Der Großteil der Opfer sind Frauen und Kinder. UNICEF schätzt, dass weltweit jährlich 1,2 Millionen Kinder zu Opfern von Menschenhandel werden. Die Dunkelziffer mag noch höher liegen, denn kriminelle Netzwerke legen ihre Bücher üblicherweise nicht offen, die Polizei entdeckt wohl nur die Spitzes des Eisbergs, und die Opfer haben zumeist Angst, sich an Behörden zu wenden.
Österreich ist durch seine Lage im Zentrum Europas Transit- und Zielland des internationalen Frauen- bzw. Menschenhandels: die wichtigsten Herkunftsländer liegen im östlichen Teil Europas – geographisch betrachtet nicht weit entfernt. Die Opfer werden mehrheitlich in die sexuelle Ausbeutung oder – etwas seltener – in die Arbeitsausbeutung gezwungen.
Erste internationale Rechtsinstrumente zur Bekämpfung wurden schon vor mehr als 100 Jahre geschaffen. In Österreich bestehen nicht nur nationale Regelungen, z.B. im Strafgesetzbuch und Fremdenpolizeigesetz, sondern auch Bestimmungen im Rahmen der Europäischen Union, des Europarats und der Vereinten Nationen.
Aber das ist nicht genug, denn es ist nicht immer leicht, diese Regelungen gegen ein oft im Verborgenen passierendes Verbrechen umzusetzen. Daher wird die Bekämpfung des Menschenhandels auch in absehbarer Zukunft eine Herausforderung bleiben. Die österreichische Bundesregierung hat 2004 mit einer speziellen Task force ein Instrumentarium geschaffen, das der Komplexität des Themas Rechnung zu tragen versucht: durch sie werden alle mit der Bekämpfung des Menschenhandels befasster Stellen zusammengefasst. Da Kompetenzen sind zwischen Bund und Ländern zersplittert sind, ist eine enge Zusammenarbeit umso wichtiger.
Die Arbeit der Task force kristallisiert sich in „Nationalen Aktionsplänen zur Bekämpfung des Menschenhandels“. Der derzeit aktuelle 3. Aktionsplan umfasst die Jahre 2012-14. Die wichtigsten geplanten Maßnahmen lassen sich mit 4 Schlagworten zusammenfassen: Prävention, Opferschutz, Strafverfolgung und internationale Zusammenarbeit. Die große Herausforderung besteht darin, Opfer des Menschenhandels zu erkennen, ihnen zu helfen, damit sie sich ein neues Leben aufbauen können, und sie auch in den Gerichtsverfahren gegen die Täter zu unterstützen. Besonders wichtig ist es, die dem Menschenhandel zugrunde liegenden Ursachen durch Entwicklungszusammenarbeit an ihrer Wurzel zu bekämpfen.
Wo Anzeichen von Menschenhandel sichtbar werden, reagieren Menschen oft mit Ratlosigkeit und dem Reflex, wegzuschauen. Damit die Menschen das nicht tun, gibt es in Österreich eine Hotline, bei der sie anrufen und – auch anonym – Meldung erstatten können: Tel: 01/2483685383.